
Licht und Schatten: Mein Selbstbild für die Öffentlichkeit
Meine innigliche und tiefe Sehnsucht danach, in meiner Gesamtheit wahr- und angenommen, verstanden und wertgeschätzt zu werden, ist in sich durchweg äußerst widersprüchlich. Denn zeitgleich nehme ich in mir eine sehr große Scheu wahr, mich tatsächlich auch mit allem was mich ausmacht zu präsentieren und dieses Bedürfnis ebenso klar und unmissverständlich an andere Menschen zu adressieren. Zudem ist es jedes Mal ein inneres Ringen darum, was ich von mir aus meinem Innersten wirklich preisgeben kann und möchte, ohne mich dabei unwohl und schutzlos ausgeliefert zu fühlen, weil ich mich bestimmter Eigenheiten, Gefühle oder Gedanken sogar vor mir selbst schäme, und sie mir unangemessen oder gar kindisch vorkommen. Und gleichzeitig stelle ich mir immer wieder die Frage, ob und wen es denn überhaupt wirklich interessiert, was mich im Innersten bewegt.
Natürlich geht es mir nicht darum, über jede Kleinigkeit schreiben zu wollen, über jeden flüchtigen Gedanken oder jede kleine Regung, die mir im Laufe des Tages widerfährt. Es geht vielmehr um die große Frage, wer ich eigentlich bin, was mich im eigentlichen Sinn charakterisiert und ausmacht – im Guten, wie im „Schlechten“. Und, in wieweit ich tatsächlich zu mir in meiner Gesamtheit auch „Ja“ zu sagen imstande bin, ohne wenn und aber. Dass mir dieses uneingeschränkte „Ja“ zu mir selbst unglaublich schwer fällt, ist meiner Biografie und frühkindlichen, zutiefst verletzenden und prägenden Erfahrungen geschuldet, die in unterschiedlicher Intensität noch heute in Gestalt von Depressionen, häufiger Hilflosigkeit, Bindungsängsten, Ziel-und Wurzellosigkeit und Suchtverhalten als tiefe seelische Traumata äußerst wirksam sind, und über die im Detail zu erzählen für mich noch immer mit tiefen und mich hemmenden Schamgefühlen verbunden ist. Und: Ich habe noch immer große Angst davor, für diese inneren Abgründe abgelehnt, missverstanden und verurteilt zu werden, so, wie es mir in meiner Kindheit, in meiner Jugend, und selbst noch als Erwachsener häufig widerfahren ist.
Warum schreibe ich heute darüber? Ich habe lange mit mir darum gerungen, ob und in welcher Form ich diese für mich äußerst schwierigen Themen in die Öffentlichkeit tragen möchte. Oder, ob es nicht besser ist, es weiterhin nur in mir zu bewegen. Ein für mich gewichtiger Grund es doch zu tun ist, dass ich in den letzten Tagen beim Schreiben meiner Gedichte immer wieder gespürt habe, dass sie zwar allesamt meinem Innersten entsprechen, und damit ein wichtiger Teil meines Selbst, aber eben der andere Part meines Selbst, meine dunkle, „zerrissene“ Seite, dabei zu wenig Beachtung findet. Damit habe ich ein Zerrbild meiner selbst für die Öffentlichkeit kreiert, das für mich nicht länger stimmig ist, und mit dem ich mich beim Schreiben nicht mehr wohl und „echt“ fühle.
Das was ich zu sagen habe, ist eben nicht nur „schön“. Sämtliche Brüche, Unstimmigkeiten und dunklen Aspekte meines Seins und meines Lebens gehören genauso dazu. Wenn ich als Mensch, als Poet und Schriftsteller wirklich „ich“ sein möchte, dann haben auch diese unbequemen und scham- und angstbehafteten Bereiche in meinem Wirken ab sofort (wieder) ihren Raum und ihre Berechtigung. Unabhängig davon, was „Andere“ davon halten mögen.
Hallo. Ich habe mich immer wieder gefragt, wodurch entstehen diese Gefühle und Gedanken, die das Leben eines Menschen so schwer und krank machen. Ich meine: Die Ursache liegt im Umgang mit unterschiedlichen Wahrnehmungen und Betrachtungen in der Gesellschaft. Je nachdem, wo und bei wem ich hinein geboren werde.
Das übelste was einen Menschen passieren kann, ist die Versagung an Liebe und Zuwendung. Das ist die Nahrung für den Frieden und der sozialen Gerechtigkeit. Wer diese Erfahrungen nicht genügend erlebt hat läuft Gefahr, die Saat für Gewalt zu pflanzen. Das ist das Potenzial für Kriege.
Ein Beispiel:
Was sich bei mir nicht nur bei der Linken oder anderen Parteien an Zweifel meldet, dass ist deren Bewertung von Recht und Unrecht. Von Lebenswerten und Lebensunwürdigen. Wo liegt der Unterschied zwischen Staaten wie Amerika Russland China Iran Israel Syrien oder Saudi Arabien? Da gibt es noch viel mehr Staaten mit deren Regierungen, die aktuell auf die eine oder andere Art und Weise den Wert der Würde und die des Lebens in Frage stellen. Ganz davon mal abgesehen, wie viele Menschen auf der Welt täglich sterben, ohne dass dabei politische Interessen dahinter stehen! Es spielt keine Rolle, wie systematisch oder spontan ein Leben zerstört wird. Der herbei geführte Tod an Menschen ist eine Grenze, die keine Toleranz und Akzeptanz verdient. In unserer Bundesrepublik Deutschland haben wir das Glück und den Segen der Gewaltenteilung. Und die Meinungsfreiheit. Wer Menschlichkeit Gerechtigkeit Gleichheit Freiheit und Frieden einfordert, sollte sich klar und deutlich von solchen Regimen oder Politikern distanzieren, die Menschen nur für Aktionen benutzen wollen, die das Leben wenn nötig auch durch Krieg gewaltsam beenden wollen. Wer das Leben eines Menschen gewaltsam beendet, ist ein Täter. Egal, ob diese Täter das mit Worten oder Taten umsetzten. Dafür gibt es keine Rechtfertigung.
Mit besten Grüßen
Christoph Nordmann