Traumaarbeit und Meditation

Traumaarbeit und Meditation

21. Februar 2023 0 Von Eckhard Neuhoff

Aus welchen Gründen meditiere ich? Und braucht es wirklich einen Grund um zu meditieren? In unregelmäßigen Abständen kommen mir diese beiden Fragen in den Sinn. Und jedes Mal fallen die Antworten sehr unterschiedlich aus – in unmittelbarer Abhängigkeit von meiner momentanen inneren Verfasstheit. Zweifele ich gerade mal wieder sehr an mir und an der Sinnhaftigkeit meiner Existenz, so hinterfrage ich gleichermaßen auch den Sinn und den Wert meiner Meditationen. Bin ich innerlich, und damit auch gedanklich, sehr aufgewühlt und unruhig, weil meine Schattenthemen sehr im Vordergrund stehen, sehne ich mich gleichzeitig nach tiefer innerer Ruhe, Verbundenheit mit mir selbst und nach Geborgenheit, und hoffe dann darauf, diese Qualitäten in der Meditation wiederfinden zu können.

Gerade in den letzten Tagen und Wochen, in denen ich mich selbst erstmals in meinem bisherigen Leben sehr klar als ein Opfer seelischer Gewalt seitens meiner Eltern erkannt und wahrgenommen habe, und mir die unendlich traurige und tief erschütternde Dimension dieser Wahrheit bewusst geworden ist, hatte ich zwischenzeitlich das Gefühl, daran innerlich erneut zu zerbrechen. Und entsprechend schwer fiel es mir zunächst, in meinen Meditationen zur Ruhe zu kommen. Denn meine Gedanken und meine Gefühle waren durchgängig damit befasst, mit dem Thema „Seelischer Missbrauch“ umzugehen, es von allen nur denkbaren Seiten zu beleuchten und zu ergründen, in der zeitweilig wahrhaft verzweifelten Hoffnung, einen für mich stimmigen, und damit „gesunden“, friedvoll reflektieren Umgang zu finden.

Zu meiner eigenen Überraschung haben meine Meditationen durch diese starke seelische Erschütterung an Tiefe und Intensität sehr gewonnen. Immer besser gelingt es mir, meine sehr lauten und hektisch kreisenden Gedanken zur Ruhe zu bringen, sogar bis hin zu einem fast vollständigem Stillstand. Und ich gelange in einen inneren Zustand tiefer Ruhe, Geborgenheit und Sicherheit, verbunden mit der tiefen und wiederkehrenden Einsicht, dass es in mir tatsächlich einen Anteil gibt, der von all den seelischen Wunden und Narben, sämtlichen Enttäuschungen, Schuldgefühlen, etc. gänzlich unbelastet und unberührt ist. Diesen Anteil möchte ich ganz vorsichtig als meine „wahre Essenz“, mein eigentliches Sein bezeichnen. Ganz bewusst sage ich „vorsichtig“, denn dieses sehr zarte und flüchtige Empfinden und Wahrnehmen entzieht sich im Grunde genommen jeglicher sprachlicher Beschreibung. Es ist einfach da. Und die mir bisher bewusst gewordenen, wesentlichen Qualitäten dieser Essenz sind: Frieden, Liebe und Stille.

Welche Auswirkungen diese wunderschöne Erfahrung auf mich und meinen Umgang mit meinen seelischen Traumata haben wird, vermag ich noch nicht einzuschätzen und abzusehen. Genauso wenig, ob sie Bestand haben wird. Was jedoch bleibt, ist die Erkenntnis, dass ich diese tiefgreifenden und unglaublich wohltuenden Erfahrungen nicht willentlich herbeigeführt, indem ich all die anderen, wenig schönen Empfindungen und Gedanken willentlich unterdrückt habe, sondern, dass sie mir (von wem auch immer) geschenkt wurden. Sie wurden mir ohne jede Anstrengung, ohne jedes krampfhafte Bemühen einfach so zuteil. Und ich bin unendlich dankbar dafür!