Auf dem Weg zum „Ich“: Mein spiritueller Weg

Auf dem Weg zum „Ich“: Mein spiritueller Weg

30. März 2024 0 Von Eckhard Neuhoff

Zweifel und Verbindendes

Schon seit vielen Jahren lassen die christlichen Jahresfeste mich äußerst zwiegespalten zurück. Denn obwohl mich mit den Glaubensinhalten des Christentums gefühlt schon seit Jahrzehnten nichts mehr verbindet, verspüre ich insbesondere an Weihnachten und zu Ostern eine nicht näher beschreibbare Besinnlichkeit und innere Zugewandtheit in mir, die mich unbestimmt und verschwommen an die besonders feierliche Stimmung in meiner Kindheit erinnert, wenn wir daheim Weihnachten und Ostern gefeiert haben.

Grundsätzlich stehe ich heute sämtlichen Religionen und in sich geschlossenen Weltanschauungen ausgesprochen skeptisch gegenüber. Denn auch wenn sie möglicherweise alle ein kleines Körnchen universeller Wahrheit in sich tragen mögen: In ihrer Gesamtheit und Substanz sind sie mir zu beengt und zu absolut gefasst, als dass sie der Komplexität des Lebens auf der Erde, der menschlichen Individualität und der Unendlichkeit, wie auch den Geheimnissen des Universums auch nur ansatzweise gerecht werden können. Vor allen Dingen gewinne ich immer mehr den Eindruck, dass sämtliche Religionen aus reinem Machtstreben und innerer Blindheit heraus ein Gottesbild vermitteln, das meinem in den letzten Jahren gewachsenen Verständnis von universeller Weisheit, Freiheit, Verbundenheit und Liebe diametral gegenübersteht und ihm sehr deutlich widerspricht.

Stirb und Werde als Grenzerfahrung

Doch trotz sämtlicher gefühlter und empfundener Widersprüche und innerer Widerstände gegen das Christentum, scheinen diese Festtage für mich etwas auszustrahlen, das mit mir in deutlich spürbare Resonanz geht. In diesem Jahr ist es vor allem das Thema „Tod und Auferstehung“ am Karfreitag, das mich innerlich berührt und beschäftigt. Denn wenn ich mir unter diesem Aspekt meine äußerst bewegte und „gebrochene“, in sich widersprüchliche Biografie anschaue, dann kommt mir immer wieder der Satz „Stirb und werde!“ in den Sinn.

Im Rückblick betrachtet, gab es in meinem Leben etliche Momente, die ich heute als äußerst bedeutsame Wende- und Entscheidungspunkte empfinde und die ich schon damals als eine Art „Stunde Null“ wahrgenommen habe. Besonders eindrücklich sind mir dabei Momente tiefster Depression, Einsamkeit und Verzweiflung, während derer mein Leben buchstäblich auf der Kippe stand und ich nicht wusste, ob und wie ich weiterleben kann und will. Und es waren genau diese wahrhaft dunklen Momente, die mich meinen unbändigen Lebenswillen und eine tief in mir verankerte, unerschütterliche Hoffnung auf Besserung und Heilung spüren ließen.

Diese tiefen Einsichten haben mir den festen Glauben daran geschenkt, dass es in mir etwas geben muss, einen Teil meiner Individualität, der vollkommen unabhängig von sämtlichen Verletzungen und Schwierigkeiten meines Lebens existiert – frei von jeglicher Krankheit und dafür voller Frieden, Freiheit, Verbundenheit und Liebe. Diesen „Kern“ meiner Individualität zu stärken und mich mit ihm immer fester zu verbinden, ist im Laufe der letzten Jahre immer mehr zu meiner „Religion“, zu meinem spirituellen Weg geworden – mal mehr, mal weniger konsequent, und noch immer von gelegentlichen Unsicherheiten und Zweifeln begleitet. Und womöglich bilden diese früheren Grenzerfahrungen und mein Umgang damit auch den Grund, die Erklärung für meine heutige Verbindung zum Osterfest und zur Feier der Auferstehung.