Der Wunsch nach Sichtbarkeit: Warum ich nicht nur für die Schublade schreibe

Der Wunsch nach Sichtbarkeit: Warum ich nicht nur für die Schublade schreibe

25. April 2024 0 Von Eckhard Neuhoff

Schon in meinem Blogtext „Warum mir Sichtbarkeit und Resonanz so wichtig sind“ habe ich mich der Frage nach dem „Warum“ meines Schreibens gewidmet. Tatsächlich ist dieses Thema für mich auf der autobiografisch – emotionalen Ebene derart zentral und vielschichtig, sodass ich hier noch ein paar wesentliche Aspekte hinzufügen möchte:

Tatsächlich stehe ich nicht gerne im Mittelpunkt und im Zentrum der Aufmerksamkeit. Denn meine frühesten Erfahrungen haben mich gelehrt, dass es nur sehr selten etwas Gutes ist und mir ungetrübte Freude bereitet. Wenn ich in meiner Kindheit, in meiner Jugend, und selbst noch als Erwachsener im Fokus der Aufmerksamkeit gestanden habe, hatte dies meist nichts Gutes zu bedeuten. Ich wurde in diesen Situationen nämlich nicht gelobt oder wertgeschätzt, sondern statt dessen kritisiert, beschuldigt, verspottet, oder massiv unter Druck gesetzt, sodass ich am liebsten geflüchtet, oder vor Scham im Boden versunken wäre. Es sind also überwiegend demütigende, schmerzhafte, und damit mich massiv und nachhaltig traumatisiert habende Situationen, die ich noch heute mit Aufmerksamkeit und Sichtbar sein verbinde. Und sie lassen mich noch immer davor zurückschrecken, mich und mein Werk ungeschützt zu zeigen.

Doch obwohl ich mit Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit derart Negatives und mit großer Angst vor erneuter Demütigung besetztes verbinde: Gleichzeitig verspüre ich in mir immer wieder eine große und tiefe Sehnsucht danach, im Guten, und vor allem innerlich entspannt von anderen Menschen gesehen und wertgeschätzt zu werden, auch und gerade mit meinen von mir selbst so empfundenen Stärken und Begabungen. Gelegentlich fühlt es sich an wie ein Loch in meiner Seele, das unbedingt aufgefüllt werden möchte, oder wie ein großer Mangel, der mit großer Dringlichkeit nach Ausgleich strebt.

Mein Können, meine Begabungen überhaupt als solche zu erkennen und sie zu pflegen, sie mir zuzugestehen und wirkliche, nachhaltige Freude daran zu empfinden, war ein langer und dorniger Weg, der noch immer von gelegentlichen Zweifeln begleitet wird – ungeachtet der inzwischen so zahlreichen, wie ausgesprochen schönen und wertschätzenden Rückmeldungen zu meinen Gedichten, Texten und Büchern. Denn bei jedem neuen Buch das ich veröffentliche, bei jedem Gedicht und bei jedem neuen Text, schwingt die bange Frage mit, ob es wirklich gut und interessant genug ist, oder womöglich doch als zu „andersartig“ oder zu unausgereift kritisiert wird, oder gar überhaupt keine Resonanz und kein Interesse erfährt. Umso mehr erfreuen, überraschen und beglücken mich die mittlerweile zahlreichen Rückmeldungen und Kommentare, und die damit zum Ausdruck gebrachte große Wertschätzung, die ich von euch Lesern erfahre. Und dafür möchte ich mich bei euch von ganzem Herzen bedanken!

Allmählich zu lernen und mir als wertvolle Erfahrung zu bewahren, dass ich es wahrhaftig anderen Menschen wert bin gelesen zu werden, dass meine Bücher tatsächlich gekauft werden, ist ein für mich noch immer mühsamer und auf der Gefühlsebene äußerst „wackeliger“ Weg. Denn am sichersten fühle ich mich tatsächlich während des Schreib- und Entstehungsprozesses eines neuen Werkes oder Textes. Es ist der schöpferische Prozess an sich, der mir große Freude bereitet, der mich innerlich stärkt, und innerhalb dessen ich mir meiner selbst ganz bewusst und sicher bin. Aber mit jedem neuen Gedicht, Text oder Buch, und mit jeder wertschätzenden Rückmeldung dazu, wird es ein wenig leichter für mich, diesen meinen Weg weiter zu gehen.